Für den Wandel gerüstet sein
Ein Wirtschaftsforscher verschaffte mit seinem Vortrag beim Oberbank Finanzmarkt-Forum im prall gefüllten Donau-Forum mehr Durchblick in diesen turbulenten Zeiten. Zwei Finanzspezialisten gaben zusätzlich konkrete Tipps für neue Investments.
Im Bild: Prof. Marcel Fratzscher, Ph.D., Foto: Eric Krügl
Oberbank steht für Stabilität
Gastgeber Josef Weißl hielt der allgemeinen Krisenstimmung einen Buchtitel von Hugo Portisch entgegen: „Aufregend war es immer“. Was kurzfristig aufregend erscheine, sei längerfristig als normal zu bewerten. Waren die Börsen 2022 aufgrund der Ereignisse stark unter Druck und verloren 14 Prozent, haben sie heuer wieder stark zugelegt. Die Oberbank verzeichnete 2022 sogar ein Rekordjahr und mit einer Eigenkapitalquote einen Spitzenwert von 18 Prozent. Das könne als Signal verstanden werden: Es gibt große qualitative Unterschiede in der Bankenwelt. Weißl appellierte gleichzeitig an die Wirtschaft, das Ihre zur Rettung aus der derzeitigen Krise zu leisten. Vor allem sehe er keinen Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie. Umweltschutz habe nur dann Zukunft, wenn ökonomische Ansätze erfolgsversprechend und profitabel seien.
Quo vadis, Europa?
Keynote-Speaker Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, nannte als derzeit wichtigste Weichenstellungen drei große Transformationen: Erstens die Globalisierung, die als Basis für unseren Wohlstand gelte. Als große Herausforderung sei dabei die Gefahr einer europäischen Deindustrialisierung. Unser Wirtschaftsraum gerate gegenüber den zwei Rivalen USA und China immer mehr ins Hintertreffen. Die USA etwa stellen 369 Milliarden Dollar über 10 Jahre für die Entwicklung grüner Technologie bereit. Von China seien wir viel abhängiger als umgekehrt. VW mache allein 40 Prozent seiner Gewinne in diesem Land. Diese Abhängigkeit lasse sich keineswegs radikal beseitigen, aber zumindest symmetrischer gestalten — zum Beispiel, indem man in andere asiatische Länder investiere.
Sorgenfalten bereite ebenso die ökologische Transformation, da sie zu langsam vorankäme. Die größten Hürden dabei bilden die überbordende Bürokratie sowie der Fachkräftemangel. Ohne Zuwanderung ließe sich letzterer nicht beseitigen. Außerdem gelte es ein riesiges Potenzial zu heben — die zusätzliche Mobilisierung von Frauen für den Arbeitsmarkt. Der augenfällige Hemmschuh: mangelnde Wertschätzung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Gesellschaftliche Spaltung droht
Schließlich seien, so Fratzscher, auch auf dem Weg zur sozialen Transformation gewaltige Stolpersteine auszumachen. So betrage für 10 Prozent der Bevölkerung, die Einkommensschwächsten, die Teuerung 17,3 Prozent ihres Haushaltseinkommens. 40 Prozent verfügen über keine Ersparnisse oder Sicherheiten. Auch heuer werde angesichts der Lohn-Preis-Spirale noch ein deutlicher Kaufkraftverlust spürbar sein. Erst nächstes Jahr werde sich die Inflation bei 3 Prozent einpendeln. Die Unternehmen ihrerseits haben es trotz aller Schwierigkeiten geschafft, Preissteigerungen an KundInnen weiterzugeben und damit wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Der Wirtschaftsexperte zeigte am Ende auf, wie diese Transformationsprozesse zu bewältigen seien: Man solle auf Solidarität, auf vermehrten Zusammenhalt setzen. Weiters verwies er auf die bereits vorhandenen Stärken: Uns zeichne wirtschaftliche Offenheit aus, die mittelständische Struktur erweise sich ebenso als sehr widerstandsfähig.
Talk und Tipps von Finanzexperten
Abschließend standen neben dem Hauptreferenten dem Moderator Dominik Hojas, Herausgeber des „Börsianer“, Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali-Investment-Gesellschaft, und Erich Stadlberger, Direktor Private Banking & Asset Management der Oberbank Rede und Antwort. Wögerbauer betonte, dass es seit langem wieder Zinsen am Anleihemarkt gäbe. Für KundInnen habe er folgende Empfehlungen parat: Zuerst 1-jährige Staatsanleihen zu 3 Prozent kaufen, auf der nächsten Stufe Anleihen von hoher Bonität bis 4,5 Prozent Ertrag und 5 Jahren Laufzeit. Zuletzt könne man eine geringe Beimischung von 6- bis 7-Prozentern riskieren.
Stadlberger meinte, dass man einem Aktienportfolio 4 bis 5 Prozent Rohstofftitel wie zum Beispiel Kupfer beimischen könne. Auch Gold wäre als Inflationsschutz sinnvoll, allerdings nur in Form von Münzen oder Barren, nicht aber als riskantes Investment in Minen. Für ihn haben sich konservative Aktien, sogenannte Blue Chips, bewährt, Wögerbauer setzt weiterhin auch auf heimische Werte.
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