26.04.2023 ‐ Finanzmarkt aktuell

Bankenkrise und Inflationsbekämpfung

Kleinere US-(Regional)Banken haben Mitte März aufgrund struktureller Probleme die Effekte der aktuell straffen Zinspolitik stärker zu spüren bekommen und mussten aufgrund von Zahlungsunfähigkeit ihren Betrieb einstellen. Es stellt sich nun die Frage, inwiefern eine drohende Bankenkrise die weitere Vorgehensweise der Zentralbanken beeinflussen könnte.

Die bereits im Vorjahr begonnene Inflationsbekämpfung der europäischen (EZB) beziehungsweise amerikanischen (FED) Zentralbank und die damit einhergehende rasante Leitzinsanhebung hat nun erste Früchte getragen. Während die allgemeine europäische Inflationsrate im Jahresvergleich von 8,5% im Vormonat Februar, auf 6,9% gefallen ist, erhöhte sich die für die Zentralbankenentscheidungen maßgebliche Kerninflationsrate leicht von 5,6% im Februar auf 5,7% im März. In den USA hat sich ein ähnliches Bild ergeben. Mit einem Rückgang der allgemeinen Inflationsrate zum Vormonat von 6,0% auf 5,0% und einem leichten Anstieg der Kernrate von 5,5% auf 5,6%.

 

Ziel dieser rasanten Leitzinserhöhungen von nahe null Prozent auf 4,75%/5,0% in den USA beziehungsweise 3,0%/3,5% in Europa innerhalb der letzten 12 Monate ist, die Inflationsrate wieder auf das gewünschte Niveau von 2% zu drücken, ohne die Wirtschaft in eine Rezession zu schicken. Bislang hat diese Vorgehensweise zwar nur mäßig gut funktioniert, löste Mitte März jedoch sogar eine kleinen Bankenkrise in den USA aus. Einige kleinere (Regional)Banken hatten aufgrund struktureller Probleme die Effekte der aktuell straffen Zinspolitik stärker zu spüren bekommen als die großen stärker regulierten Wallstreet Banken und mussten aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit ihren Betrieb einstellen. In Europa hatte nur die systemrelevante Credit Suisse mit Vertrauensverlusten zu kämpfen, welche daraufhin im Zuge einer Zwangsübernahme in Höhe von CHF 3 Mrd. (CHF 0,76 pro Aktie) durch die UBS, eingefädelt von Regierung und Notenbank (SNB), vor der Insolvenz gerettet werden konnte. Im Zuge dieser Rettungsaktion wurden auch nachrangige AT1-Anleihen der Credit Suisse im Gesamtwert von CHF 16 Mrd. auf null abgeschrieben und somit vollständig dem Eigenkapital zugewiesen. Trotz rechtlicher Grundlage wurde diese unübliche „Kaskadenverletzung“, bei dem bestimmte Anleihen Investoren noch vor den Aktien Investoren einen Totalverlust erleiden, von einigen Marktteilnehmer kritisiert.

 

Alle diese Ereignisse haben zwischenzeitlich die Angst vor einer erneuten Bankenkrise befeuert und eine nahezu panische Reaktion an den Märkten verursacht. Obwohl von diesen vereinzelten kleineren Bankenpleiten und dem europäischen Sonderfall Credit Suisse keine große Ansteckung für die Stabilität des Finanzsystems zu befürchten war, wurden durch den kurzzeitigen Vertrauensverlust sämtliche Bankaktien abgestraft. Vor allem der Risikoaufschlag für Bankanleihen erhöhte sich im Branchenvergleich erheblich (Grafik). Durch das schnelle Eingreifen von Regierungen und Notenbanken konnte größerer Schaden verhindert und das Vertrauen in das Finanzsystem wieder gestärkt werden. Beispielsweise garantierte die US-Regierung in einzelnen Fällen die Kundeneinlagen bei Banken sogar über die gesetzliche Grenze von USD 250.000,-. Auch die fortgeschrittene Berichtssaison der großen europäischen und amerikanischen Geldhäuser zeigte überraschend starke Quartalsgewinne. Sowohl durch die steigenden Zinsmargen als auch die geringer als erwarteten Kreditausfälle.

 

Grafik: EUR - Risikoaufschläge im Branchenvergleich
Quelle: Bloomberg (eigene Darstellung)

 

Grafik: USD - Risikoaufschläge im Branchenvergleich
Quelle: Bloomberg (eigene Darstellung)


Es stellt sich daher die Frage, inwieweit sich die Zentralbanken aufgrund der immer noch angespannten Lage des Bankensektor bei ihren nächsten Zinsentscheidungen im Mai beeinflussen lassen. Besonders eine sich seit Monaten abzeichnende „Kreditklemme“ aufgrund sehr zurückhaltender Kreditvergaben (Erhöhung des Liquiditätspuffers) der Banken, könnte den gewünschten Wirtschaftsabschwung begünstigen und somit den Zentralbanken bei ihrer Inflationsbekämpfung behilflich sein.

 

Einige Marktteilnehmer erwarten daher eine baldige Pause der restriktiven Geldpolitik und halten sogar noch in diesem Jahr erste Zinssenkungen für möglich. Ein Blick auf die aktuellen Geldmarktkurse lässt erahnen, dass der Markt von einem Höhepunkt des EZB-Einlagezinssatzes von 3,75% (aktuell 3,0%) zum Ende des dritten Quartals ausgeht, während der Peak bei den US-amerikanischen Zinsen bereits im Juni erreicht werden sollte, sofern sich die Datenlage der wichtigsten Indikatoren nicht überraschend verschlechtert.

 

Bezüglich einer etwaigen zurückhaltenden Gangart der Zentralbanken stellt auch der IWF-Chefvolkswirt klar, dass sich diese bei der Inflationsbekämpfung nicht durch das Risiko einer Bankenkrise abhalten lassen sollten. Unserer Einschätzung nach ist das Risiko einer europaweiten Bankenkrise ohnehin als sehr gering einzustufen, da es sich bei den US-Regionalbanken als auch bei der Credit Suisse um isolierte Sonderfälle handelte. Diese sollten somit keine Ansteckungsgefahr für europäische Banken darstellen.

 

Grafik: Abgeleitete Leitzinserwartungen

Quelle: Bloomberg (eigene Darstellung)


Autor:

Ralf Pacher, B.A.

Treasury und Handel, Oberbank AG


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