03.03.2022 ‐ Finanzmarkt aktuell

EZB unter Zugzwang

Nach einer 0,25%igen Leitzinserhöhung und der damit verbundenen Einleitung einer ersten Zinswende seit 2018, hatte die Federal Reserve Mitte März bereits auf die stark steigende US-Inflation reagiert.

Angesichts dessen und des fortlaufenden Ukraine Konflikts, inklusive 7,50%iger Geldentwertung (im Jahresvergleich [YoY] für März) im Euro Währungsraum, waren alle Augen nun auf die EZB-Entscheidung (April) gerichtet. Auch wenn ein derartiger Schritt wie in den USA als nicht wahrscheinlich galt, so hatte man doch gehofft, dass sich die hawkishe (zinsanhebungsfordernde) Fraktion des EZB-Rates vielleicht doch noch durchsetzen kann. In einem Umfeld starker Preisanstiege, zeitgleicher Stagnation der Wirtschaft (Europa sieht sich mit nach unten korrigierten Wirtschaftswachstumsprognosen konfrontiert) und steigender Renditen für Staats- und Unternehmensanleihen, ist der politische und gesellschaftliche Druck auf die EZB enorm. Das Ergebnis war letztendlich ernüchternd. Die EZB lies den Hauptrefinanzierungszinssatz auf 0,00%, den Einlagenzinssatz weiterhin auf minus 0,50%, bestätigte jedoch für das 3 Quartal 2022 das Ende der APP-Käufe (Asset Purchase Programme), sofern sich die Inflationsaussichten nach Beendigung nicht drastisch verschlechtern.  Darüber hinaus hielt sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde im anschließenden Interview bezüglich einer etwaigen Zinserhöhung sehr bedeckt, frühestens jedoch nach Ende des Ankaufsprogramms.

 

Grundsätzlich geht der Markt davon aus, dass es keine weiteren Zinserhöhungen geben wird, solange das Ankaufsprogramm nicht abgeschlossen ist. Obwohl die geforderte Zinserhöhung ausblieb, zeichnet sich durch das Zurückfahren des gelpolitischen Stimulus in den kommenden Monaten durchaus eine schleichende Abkehr der jahrelangen ultralockeren Geldpolitik ab. In den vergangenen Sitzungen verwies die EZB immer auf die Datenabhängigkeit ihrer Entscheidungen, daher wird die nächste Sitzung im Juni durchaus interessant. Auch wenn keine einschneidenden Schritte erwartet werden, so kann auf Basis der neuen Projektionen durchaus mit einem konkreteren Ausblick gerechnet werden. Frau Lagarde betonte jedoch, dass nach Ende des APP die EZB weiterhin mithilfe von anderen (Ankauf-)programmen, ähnlich dem Pandemic Emergency Purchase Programme vor zwei Jahren, sehr „flexibel“ einzelnen Ländern kurzfristige Hilfe ermöglichen könne.

Quelle: Bloomberg

 

Die Märkte reagierten prompt. Die Verzinsung der 10jährigen Bundesanleihe verringerte sich auf 0,75%, erholte sich jedoch im Laufe des Tages wieder und konnte in den darauffolgenden Tagen den Trend steigender Zinsniveaus beibehalten (aktuell 0,90%). Vor allem der Euro schwächelte angesichts des EZB-Entscheids und verlor zum Vortag 1,20%, verblieb jedoch, anders als die Bundesanleihe, auf seinem niedrigen Niveau von ca. 1,080 bis 1,085. Das aktuell wirtschaftliche und politische Umfeld bleibt weiterhin unbeständig. Ein zurzeit viel diskutiertes Öl- und Gasembargo gegen Russland, könnte im wahrsten Sinne des Wortes, nochmals Öl in das Feuer, einer bereits sehr angespannten politischen Beziehung zu Russland, gießen. Die unterschiedlichen negativen Auswirkungen einer weiteren Eskalation durch Russland aufgrund gemeinschaftlicher Meidung russischen Öls, sind für Deutschland, Österreich und einiger osteuropäischer Länder kaum abzusehen.

 

Abseits dieses Kriegsgeschehens sieht man sich im europäischen Währungsraum aufgrund der hohen Inflation mit einer bevorstehenden „Lohn-Preis-Spirale“ (Zweitrundeneffekt von Lohn- und Gehaltsanpassungen) konfrontiert. Dies zeigen bereits steigende Lohnforderungen in Deutschland. Das gleichzeitige Auftreten eines sinkenden Arbeitskräfteangebots, wie aktuell in Deutschland der Fall, könnte eine sich bereits abzeichnende „Slowflation“ (Kombination aus hoher Inflation und langsamen Wirtschaftswachstum) weiter verfestigen.

 

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