Nachfolge in Familienunternehmen

Teil 1 eines Experten-Gesprächs

Bei der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen gibt es viele Einflussfaktoren, die über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Zentral dabei ist es, die Nachfolge auf unterschiedlichen Ebenen zu diskutieren und strukturiert nach emotionaler, rechtlicher und steuerlicher Nachfolgelösung zu betrachten. Klarheit und Transparenz für alle Beteiligten stehen dabei im Vordergrund. FSM Rechtsanwälte Partner Dörk Pätzold beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

 

Eines der bedeutendsten Ziele einer Unternehmerfamilie ist, das Unternehmen erfolgreich an die nächste Generation weiterzugeben. Was sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren für eine gelungene Unternehmensnachfolge?

Pätzold: Zumindest sollte das eines der bedeutsamsten Ziele sein. In vielen familiengeführten Unternehmen ist aber entweder nicht bewusst, wie wichtig die Auseinandersetzung mit dem Thema ist, oder es wird ignoriert. Nachfolgeplanung ist ein Teil der Unternehmensplanung. Probleme bei der Übergabe der Führungsrolle an die Nachfolgegeneration können einen direkten Einfluss auf den Unternehmenserfolg und Unternehmenswert haben. Im Optimalfall vollzieht sich die erfolgreiche Unternehmensnachfolge im Rahmen eines strukturierten Unternehmensnachfolgeplans, der frühzeitig zwischen den Beteiligten verhandelt, aufgestellt und vereinbart wird. Entscheidender Erfolgsfaktor ist, dass sich alle Beteiligten der Bedeutsamkeit einer planvollen Nachfolgeregelung nicht nur bewusst sind, sondern auch tatsächlich entsprechende Schritte setzen. Ohne eine derartige Herangehensweise kann die Unternehmensnachfolge in der Krise des Unternehmens oder schlimmer enden. Das ist sicher keine Übertreibung.

 

Diverse Studien besagen, dass das Thema Nachfolge eine der kritischsten Phasen eines Unternehmens darstellt. Was alles macht dieses Thema so kompliziert und herausfordernd? Wo liegen die Fallstricke, die es für Familienunternehmen unbedingt zu beachten gilt?

Pätzold: Es können schlicht einige Probleme zusammenkommen, die den Vorgang komplex machen, in sachlicher Hinsicht wie emotional. Eigene Erfahrungswerte existieren in den Unternehmen meist nicht, da die Nachfolge in einer Unternehmenshistorie nicht so häufig vorkommt. Oft wird der Übergabeprozess eben nicht rechtzeitig koordiniert, der Aufwand wird unterschätzt, der Prozess nur angedacht und nicht konkret geplant oder die Thematik überhaupt verdrängt oder ignoriert. Die Nachfolge wird von der treibenden Kraft im Familienunternehmen in vielen Fällen in keiner Weise gesteuert oder der Prozess trotz andrängender Nachfolger aus dem Kreis der Familie verweigert. Hintergründe sind oft diverse Verlustängste hinsichtlich Lebensinhalt, Macht, Status und Sicherheit sowie der Glaube an die eigene Unersetzbarkeit und dass demzufolge potentielle NachfolgerInnen gern als ungeeignet angesehen werden. Möglicherweise kommt dazu, dass die übergebende Generation nicht mehr ausreichend innovativ und dynamisch agiert, aber trotzdem nicht loslassen will. Die nachfolgende Generation übersieht hingegen oft den Absicherungsbedarf der ausscheidenden Generation in monetärer Hinsicht, was den gesamten Prozess zusätzlich verzögert, oder würdigt nicht ausreichend die Aufbauleistung der übergebenden Generation. Streit über die künftige Strategie, Unternehmensführung, Rollenverteilung, Kompetenzen, Zusammenarbeit, Bezahlung oder unterschiedliche Wertevorstellungen zwischen der abtretenden und neuen Generation oder innerhalb der neuen Generation ist ebenfalls eine Herausforderung, die regelmäßig zu lösen ist. Die hohe Emotionalität des Themas führt dann dazu, dass sich die Beteiligten vermehrt mit Konflikten beschäftigen. Während die Aufbaugeneration bremst, will die nachfolgende Generation wahrgenommen werden und schnelle Veränderungen. Zudem bringen Nachfolgeprozesse häufig eine gewisse Unruhe unter den MitarbeiterInnen mit sich, die durch verzögerte Prozesse und falsche Kommunikation entsteht. Es kommt auch vor, dass Uneinigkeit darüber besteht, welche Form der Nachfolge überhaupt gewünscht ist. Diese Liste ließe sich noch fortsetzen.

 

Mann und Frau sitzen an Laptop und unterhalten sich

 

Wie kann man strukturiert vorgehen und damit so, dass von Anfang an emotionale, rechtliche und steuerliche Aspekte betrachtet und miteinbezogen werden?

Pätzold: Eine sinnvolle Methode, sich dem Prozess mit den ganzen typischen Dynamiken zu stellen, ist die Aufsetzung einer Familienverfassung, in der sich alle Beteiligten auf essenzielle Standards der Funktionsweise der Unternehmensfamilie bzw. des Familienunternehmens schriftlich festlegen. Dazu gehören etwa Festlegungen zu konkreten Wertevorstellungen, Unternehmenszielen, Strategien, Vermögenssicherung, Versorgungssicherheit, Zuständigkeiten, Kompetenzen, Verdienstmöglichkeiten, und eben auch zur Unternehmensnachfolge. Der Unternehmensnachfolgeplan sollte gleich in die Familienverfassung integriert werden. Das erfordert insbesondere Festlegungen zum Zeitplan des Ausscheidens und der Übernahme, zur langfristigen Strategie, zum Geschäftsmodell, Finanzierungsbedarf und Aufbringung der Mittel, Etablierung einer Fremdgeschäftsführung, wer wann welche Geschäftsbereiche mit welchen Kompetenzen übernimmt oder welche Voraussetzungen hierfür noch nachzuweisen sind bis hin zu den Gegenständen gemeinsamer Entscheidungen und die Form einer weiteren Einbindung oder Beschäftigung der übergebenden Generation. Auch grundsätzliche Entscheidungen über die Aufnahme von Kapital oder KapitalgeberInnen als Gesellschafter können innerhalb der Familie auf diese Weise verankert werden. Der Grad der Verbindlichkeit solcher Regelungen ist eine Frage der Definition und Form. In jedem Fall ist die Familienverfassung ein geeignetes Mittel zur Aufstellung eines tauglichen Unternehmensnachfolgeplans. Im Rahmen der Aufstellung haben alle Beteiligten die Möglichkeit, sich einzubringen, Bedenken zu äußern und Lösungen anzubieten. Oftmals wird im Rahmen der Diskussion klar, worum genau es den jeweiligen Beteiligten eigentlich geht, so dass die BeraterInnen gezielt bei der Lösung unterstützen können.

 

Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wann sollte man mit der Vorbereitung auf die Nachfolge beginnen?

Pätzold: In nicht wenigen Fällen kommt es zu einem ungeordneten Übergang, weil es keine oder nur eine unzureichende Nachfolgeplanung gab und die treibende Kraft des Unternehmens plötzlich erkrankt oder verstirbt. Einzukalkulieren ist, dass der Prozess selbst einen beachtlichen Zeitraum in Anspruch nehmen kann, vor allem, wenn Widerstände zu erwarten sind und ein ausführlicher Prozess der Auseinandersetzung bevorsteht. Der Zeitpunkt, wann mit der Nachfolgeplanung spätestens begonnen werden sollte, lässt sich nicht generell vorab festlegen. Manchmal drängt die junge Generation von sich aus in die Führung, früher, als es der übergebenden Generation nötig erscheint. Oder das Unternehmen erweist sich als nachfolgereif, weil von der übergebenden Generation keinerlei Führungswille, Motivation oder Innovation mehr ausgeht. Der optimale Zeitpunkt für die Planung der Nachfolge ist in dem Fall eigentlich bereits verpasst. Generell kann man nur sagen, dass eine frühzeitige Weichenstellung, bevor erste negative Auswirkungen auf das Unternehmen infolge verfehlter Nachfolgeplanung eintreten können oder erwartet werden, ratsam ist.

 

Die Oberbank KMU-Börse

Wenn es für die Unternehmensnachfolge innerfamiliär keine Lösung gibt, bietet die Oberbank über ihre KMU-Börse https://www.oberbank.at/kmu-boerse dem/der VerkäuferIn eines Unternehmens die Möglichkeit, das Unternehmen ganz unkompliziert und anonym einem breiten Investorenkreis zu präsentieren. Wir stellen Ihnen InvestorInnen vor, die Interesse an einer Beteiligung/einem Kauf signalisieren und Sie können entscheiden, mit wem der Kontakt für Folgegespräche hergestellt werden soll.

 

Dieser Expertenbeitrag wurde am 26.04.2023 erstellt.

Fotoquelle: Shutterstock

 

Diese Unterlagen dienen lediglich der aktuellen Information und basieren auf dem Wissensstand der mit der Erstellung betrauten Personen zum Erstellungszeitpunkt. Diese Unterlagen sind weder Angebot noch Aufforderung zum Kauf oder Verkauf der hier erwähnten Veranlagungen bzw. (Bank-)Produkte. Sämtliche in diesem Dokument enthaltenen Aussagen sind nicht als generelle Empfehlung zu werten. Obwohl wir die von uns beanspruchten Quellen als verlässlich einschätzen, übernehmen wir für die Vollständigkeit und Richtigkeit der hier wiedergegebenen Informationen keine Haftung. Insbesondere behalten wir uns einen Irrtum in Bezug auf Zahlenangaben ausdrücklich vor.

 

 

FSM Rechtsanwälte Partner Dörk Pätzold

Fotoquelle: Natascha Unkart & Isabelle Köhler / Studio Koekart

 

Dörk Pätzold

Partner, FSM Rechtsanwälte

Oberbank KMU-Börse

Zugang zum umfangreichen Netzwerk der Oberbank.

 

Kontaktieren Sie uns!

Unsere Berater:innen stehen Ihnen sehr gerne als kompetente Partner:innen zur Verfügung!