Nachfolge in Familienunternehmen

Teil 2 eines Experten-Gesprächs

Bei der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen gibt es viele Einflussfaktoren, die über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Zentral dabei ist es, die Nachfolge auf unterschiedlichen Ebenen zu diskutieren und strukturiert nach emotionaler, rechtlicher und steuerlicher Nachfolgelösung zu betrachten. Klarheit und Transparenz für alle Beteiligten stehen dabei im Vordergrund. FSM Rechtsanwälte Partner Dörk Pätzold beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

 

Welche Formen der Betriebsübertragung gibt es?

Pätzold: Bei der Unternehmensnachfolge geht es in erster Linie um den Wechsel der Unternehmensführung, nicht notwendigerweise auch um den Wechsel auf Eigentumsebene. Tatsächlich ist es oft so, dass es zu einem faktischen Austausch auf der Leitungsebene kommt, indem die Geschäftsleitung an Kinder abgegeben wird, ohne dass sich an den Eigentumsverhältnissen des Unternehmens vorerst etwas ändert. Unternehmensnachfolge liegt aber auch dann vor, wenn die Geschäftsleitung des Familienunternehmens durch Externe übernommen wird. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen weder Familiennachkommen vorhanden oder gewillt oder geeignet sind, die Nachfolge in der Geschäftsleitung zu übernehmen, noch externe Dritte. Dann kommt in erster Linie ein Wechsel in den Eigentumsverhältnissen durch Verkauf der Beteiligungen bzw. des Unternehmens in Betracht. Auch eine solcherart vollzogene Nachfolge ist eine Unternehmensnachfolge.

 

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Gibt es so etwas wie Phasen der Betriebsübergabe? Sollte man einen Zeitplan machen?

Pätzold: Das ist von Fall zu Fall verschieden. Oft haben die NachfolgerInnen bereits diverse Stationen im Unternehmen durchlaufen oder waren schon faktisch in die Geschäftsführung eingebunden, ohne auch formell bestellt worden zu sein. Aus solchen Mitarbeitsmodellen heraus entwickelt sich häufig ein natürlicher Zeitplan für die eigentliche Übernahme. Manchmal kann ein Schnitt zu einem bestimmten Stichtag aufgrund der Umstände die richtige Wahl sein. Die übergebende Generation scheidet zum Stichtag aus, die übernehmende Generation wird bestellt. Oder es erfolgt eine phasenweise Übergabe, in dem die Geschäftsleitung eine Zeit lang durch die ausscheidende und übernehmende Generation gemeinsam ausgeübt wird. In einem solchen Fall kann Interesse bestehen, dass die bisherige treibende Kraft tatsächlich irgendwann geht, so dass ein hierfür konkret vereinbarter Zeitpunkt Sinn machen kann.

 

Gibt es Grundregeln für Übergebende und Grundregeln für Übernehmende?

Pätzold: Ein festes Schema von Grundregeln, wie Unternehmensfolge zu erfolgen oder wer sich wie zu verhalten hat, gibt es sicher nicht. Im Optimalfall sollten am Ende alle Beteiligten gewinnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Beteiligten mit allen Gegenständen der geregelten Unternehmensnachfolge hundertprozentig übereinstimmen, ist gering und auch nicht Ziel. Wichtig ist vielmehr die Fairness des Prozesses auf allen Seiten, so dass alle Beteiligten mit der Art und Weise, wie man zu diesem Ergebnis gelangt ist, einverstanden sind und das Ergebnis daher letztlich unterstützen und mittragen.

 

Welche Risken sind aus rechtlicher Sicht seitens der Übernehmenden zu bedenken?

Pätzold: Sie sprechen die Frage der Geschäftsführungshaftung an. Wer die Leitung eines Unternehmens übernimmt, ist an durchaus strenge Sorgfaltsanforderungen gebunden und geht natürlich gewisse Haftungsrisiken sowohl gegenüber dem Unternehmen selbst als auch gegenüber Dritten ein, wenn Verpflichtungen verletzt werden und daraus ein Schaden entsteht. Dies ist aber keine Besonderheit bei Familienunternehmen, sondern betrifft jede Unternehmensleitung. Eine oftmals bei eigentümergeführten Unternehmen zu beobachtende rechtliche und wirtschaftliche Sphärenvermischung zwischen Unternehmen und Eigentumsebene muss die neue Unternehmensleitung erforderlichenfalls korrigieren. Es kommt vor, dass im Rahmen der Nachfolge rechtliche Altlasten zu sanieren sind. Das Haftungsrisiko für die neue Geschäftsführung aus allfälligen historischen Sachverhalten ist beherrschbar, wenn entsprechend reagiert wird.

 

Wenn sich die Führungs- und Eigentumsstruktur verändert, kann sich auch die strategische Ausrichtung ändern. Muss daher auch schon im Zuge der Unternehmensnachfolge eine rechtliche Umstrukturierung angedacht/getätigt werden?

Pätzold: Das hängt davon ab, wie essenziell und dringend der Strukturierungsbedarf eingeschätzt wird. Eine strategische Neuausrichtung erfordert nicht zwangsläufig auch sofortige weitere Strukturierungsmaßnahmen. UnternehmensnachfolgerInnen wollen oft zügig auch strukturelle Veränderungen schaffen. In vielen Fällen könnte sich dies sogar als kontraproduktiv erweisen. Aber die umfassende Prüfung von Chancen und Risiken entsprechender Veränderungen ist jedenfalls auch eine Pflicht der Nachfolge.

 

Welche Alternativen gibt es, wenn der Nachwuchs nicht übernehmen möchte?

Pätzold: Das kommt natürlich vor. Die Frage des persönlichen Willens zur Unternehmensnachfolge auf Seiten der übernehmenden Generation ist auch ganz entscheidend. Unternehmensnachfolge ist Teil des Lebensplans. UnternehmensnachfolgerInnen sind auch nur bei entsprechender Motivation geeignet. Der Geschäftszweck muss für ein Interesse an der Führung attraktiv sein. Oftmals sind wirtschaftlicher Misserfolg und familieninterne Konflikte Gründe, die Nachfolge nicht anzutreten und eine Ablehnungshaltung einzunehmen, während andererseits die damit verbundenen Herausforderungen vor dem Hintergrund einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und Überwindung der Konflikte durch Beseitigung ihrer Ursachen motivierend für die Entscheidung zur Übernahme der Nachfolge wirken. Management, das vom eignen Willen und der Begeisterung für die Aufgabe und das Unternehmen getragen ist, hat einen positiven Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Als negativ wird beurteilt, wenn die Übernahme überwiegend nur aus einem Gefühl der Verpflichtung heraus erfolgt oder das Engagement anhand der Verdienstmöglichkeiten nur kalkulierend eingegangen wird. Natürlich sind auch Fälle zu bedenken, in denen die nachfolgende Generation schlicht nicht geeignet ist. Alternativen sind dann die Heranführung einer Geschäftsführung von außerhalb der Familie oder ein Unternehmensverkauf. Sollte dies alles keine Option sein, bleibt eventuell noch eine Unternehmensverpachtung bzw. eine Betriebsführung durch Dritte.

 

Wann ist ein Firmenverkauf ratsam?

Pätzold: Dann, wenn die strukturierte Nachfolgeplanung ausreichendes Potential weder für eine positive Unternehmensfortführung im Rahmen der Weitergabe an die nächste Generation innerhalb der Familie noch im Rahmen der Weitergabe an Dritte außerhalb der Familie verspricht. Ein Verkauf kann sich auch aufgrund einer übereinstimmenden oder mehrheitlichen Entscheidung aller Beteiligten als beste Option erweisen, wenn etwa absehbar ist, dass sich mehrere NachfolgerInnen nicht auf eine gemeinsame Strategie einigen können oder ein Unternehmenserfolg bei Weiterführung innerhalb der nächsten Generation aus sonstigen Gründen nicht wahrscheinlich erscheint. Ein gut vorbereiteter und geführter Verkaufsprozess zur Unternehmensfortführung durch neue EigentümerInnen kann letztlich für die Familie auch eine akzeptable Lösung sein.

 

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Dieser Expertenbeitrag wurde am 31.05.2023 erstellt.

Fotoquelle: Shutterstock

 

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FSM Rechtsanwälte Partner Dörk Pätzold

Fotoquelle: Natascha Unkart & Isabelle Köhler / Studio Koekart

 

Dörk Pätzold

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