Das Comeback der Anleihen

Was Anleihen wieder attraktiv macht und worauf Sie achten sollten.

Lange Zeit war sie langweilig und wenig ertragreich, vorwiegend von institutionellen InvestorInnen genutzt und von PrivatanlegerInnen gemieden. Doch nun ist sie wieder da, die Anleihe als attraktive Anlageklasse. Das liegt vor allem an der diesjährigen Zinsentwicklung. Nach mehr als 10 Jahren sehen wir uns nun mit steigenden Zinsen konfrontiert, was sich unmittelbar auf die Renditen der Anleihen niederschlägt. Plötzlich lässt sich wieder mit der „risikoarmen“ Anlageklasse gutes Geld verdienen! Veranlagungen in Finanzinstrumente bergen neben Chancen auch Risiken und können mit erheblichen Verlusten verbunden sein.

 

Wieso sind Anleihen wieder attraktiv?

In den ersten 9 Monaten des Jahres hat sich viel getan. Durch die Pandemie entstanden große Herausforderungen für die Wirtschaft (Liefer- und Personalengpässe, Nachfrageschocks, etc.), die sich heuer vor allem in Form einer erhöhten Inflation zeigen. Um die steigenden Inflationsraten zu bekämpfen, mussten Notenbanken weltweit reagieren und die Zinsen anheben. Da die US-Notenbank die Hartnäckigkeit der Inflationsentwicklung zuerst unterschätzt hat, wurde im Anschluss umso kräftiger gebremst und die Inflationsbekämpfung zum obersten Ziel erklärt. Somit wurden die Zinsanhebungen so schnell und stark wie noch nie in der Historie umgesetzt.

 

Da steigende Zinsen in der Regel fallende Kurse bei Anleihen bedeuten, war die Auswirkung der aggressiven Zinspolitik unmittelbar in den Kursverlusten abzulesen. Beispielsweise haben Staatsanleihen in Europa seit Jahresbeginn knapp 20 Prozent an Wert verloren, gleichzeitig ist die Rendite auf 2,71 Prozent p.a. geklettert. Euro Unternehmensanleihen mit guter Bonität (Investment Grade) haben auch stark auf die sich verändernde Zinslandschaft reagiert, hier steht ein Wertverlust von rund 15 Prozent seit Jahresbeginn zubuche, während die Renditen nun bei satten 4,20 Prozent p.a. liegen. Es handelt sich bei den angegebenen Werten um Vergangenheitswerte. Zukünftige Entwicklungen können davon nicht abgeleitet werden.

Somit ergeben sich interessante Alternativen zu Cash, und sogar zu Aktien, da bei unruhigem Fahrwasser die Flucht in sichere Häfen durchaus angemessen erscheint. Zudem kann man in Phasen hoher Inflation dem Geldwertverlust mit einer gesicherten Rendite zumindest entgegenwirken und den Inflationseffekt abmildern.

 

Worauf ist als AnlegerIn zu achten?

Bei Anleihen ist auf ein paar Dinge zu achten. Um zu verstehen, wie eine Anleihe ausgestaltet ist, hilft ein Blick auf die folgenden Eigenschaften.

 

Hand mit Stift und Unterlagen

 

1. Das Rating

Anleiheratings sind Darstellungen der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens. Sie werden von Ratingagenturen (S&P, Moodys, Fitch, etc.) veröffentlicht, die eine Einschätzung der Finanzkraft des Emittenten und seiner Fähigkeit zur vertragsgemäßen Rückzahlung des Kapitals und der Zinsen der Anleihe vornehmen. Die Skala reicht dabei von AAA (höchste Kreditwürdigkeit) bis CCC (niedrigster Wert). Grundsätzlich kann auch unterschieden werden in „Investment Grade“ (von AAA bis BBB), also Anleihen mit guter bis sehr guter Bonität, und „Speculative Grade“ (BB bis CCC), wo sich Anleihen mit niedrigerer Kreditqualität wiederfinden.

 

Um das Kapital in guten Händen zu wissen, raten wir daher zur Fokussierung auf Anleihen im Investment Grade Bereich.

 

2. Kapitalqualität

Bei der Kapitalqualität ist die Reihenfolge der Verlustbeteiligung im Falle einer Insolvenz des Emittenten festgeschrieben. Die folgenden zwei Kategorien sind die herkömmlichsten Anleihearten.  

Die „klassische“ und gängigste Art der Anleihe ist eine Senioranleihe. Sie gilt als die zweitsicherste Anleiheart – nach der „fundierten“ Anleihe, die eigens durch einen Deckungsstock abgesichert ist – und wird im Fall einer Insolvenz des Emittenten vorrangig bedient.

 

Im Vergleich dazu gibt es auch eine sogenannte Nachranganleihe. Im Insolvenzfall werden InhaberInnen dieser Wertpapiere gegenüber klassischen Senioranleihen nachrangig bedient. Als Ausgleich für das höhere Risiko bietet eine Nachranganleihe jedoch einen höheren Zinssatz (Kupon).

 

3. Welcher Markt ist interessant?

In erster Linie blicken wir auf den europäischen Markt. Ob Staats- oder Unternehmensanleihen, Europa bietet eine breite Palette an unterschiedlichen Unternehmenssektoren, Risikostufen, Laufzeiten und Währungen. Die europäischen SchuldnerInnen mit guter Bonität gelten in der Regel als relativ sicher und verlässlich, ein bedeutender Punkt, da die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals erst am Ende der Laufzeit erfolgt.

 

Der zweite große interessante Markt sind Anleihen aus dem US-Raum. Hier finden sich auch viele große und bekannte Anleiheemittenten, wenn man an die Unternehmensvielfalt in den USA denkt. Zudem bieten sowohl Unternehmens-, also auch Staatsanleihen jenseits des Atlantiks eine höhere Verzinsung als in Europa an. Die Zinsanhebungen der US-Notenbank haben zu einem markanten Zinsaufschlag im Vergleich zu europäischen Pendants geführt. Was bei US-Anleihen jedoch zu beachten ist, ist das Währungsrisiko. Geht man von einem fallenden US-Dollar aus, könnte der Zinsvorteil geschmälert werden.

 

Aus Diversifikationsgründen können auch Investitionen in sogenannte EMMA-Anleihen (Emerging Markets/Schwellenländer) angedacht werden. So besteht die Möglichkeit die Rendite im Anleihebereich mit einer kleinen Beimischung von EMMA-Anleihen zu steigern. Dabei sollte natürlich auch das Risikoprofil mit den eigenen Anlagepräferenzen abgestimmt werden.

 

4. Risiken

Wie bei jedem anderen Wertpapier birgt auch der Kauf von Anleihen entsprechende Risiken. Es besteht unter anderem ein Bonitäts-/Emittentenrisiko, wenn die Emittenten ihren Zins- und Rückzahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist möglich. Neben dem Bonitäts-/Emittentenrisiko besteht ebenfalls ein Kursänderungsrisiko. Gemeint sind mögliche Kursschwankungen (beispielsweise aufgrund von Zinsänderungen) während der Laufzeit, welche bei vorzeitigem Verkauf zu Kursverlusten führen können. Bei Anleihen, die in fremder Währung emittiert werden, sind AnlegerInnen weiters einem Währungsrisiko ausgesetzt. Der Wechselkurs stellt in diesem Zusammenhang den für die Anleihe relevante Währung dar. Als Wechselkurs wird auch der Preis einer Währung in einer anderen Währung bezeichnet. Dieser kann sich während der Laufzeit ändern. Zudem können Anleihen an der Börse eine geringe Handelbarkeit aufweisen. Daher kann die Anleihe unter Umständen gar nicht oder nur mit größeren Preisabschlägen veräußert werden (= Liquiditätsrisiko). Unter Umständen kann auch eine vorzeitige Kündigung durch den Emittenten erfolgen, somit besteht auch immer ein Kündigungsrisiko.

 

Fazit: Niedrige Kurse bieten Einstiegschancen

In Zeiten erhöhter Unsicherheit könnte die Kombination aus risikoarmer Veranlagung und einer moderaten Renditeerwartung genau der richtige Weg sein, durch turbulente Phasen zu manövrieren. Nutzen Sie daher die Zins-Chance, um Ihr Kapital langfristig und sicher zu veranlagen.

 

Sollten Sie bereits investiert sein, muss der Kursverlust auch keine Kopfschmerzen bereiten, da Anleihen am Ende der Laufzeit in der Regel zu 100 Prozent getilgt werden.

 

Autor: Anel Pandur, Bsc., Private Banking & Asset Management, Oberbank

 

Dieser Artikel wurde im 10.10.2022 erstellt.

Fotoquelle: Shutterstock

 

Marketingmitteilung: Die vorliegenden Informationen dienen lediglich der unverbindlichen Information von Kunden. Diese Marketingmitteilung stellt weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie berücksichtigt nicht die persönlichen Merkmale des Kunden und kann eine individuelle Beratung und Risikoaufklärung durch einen Berater nicht ersetzen.

 

Dieser Artikel wurde am 02.09.2022 erstellt.

Fotoquelle: Shutterstock

 

Michael Kaser, MSc.

Fotoquelle: Eric Krügl

Anel Pandur, Bsc.

Private Banking & Asset Management, Oberbank

Kontaktieren Sie uns!

Unsere Veranlagungs-Expert:innen stehen Ihnen sehr gerne als kompetente Partner:innen zur Verfügung!

 

Zum Kontakt