Rechte und Pflichten von Grundstücks-EigentümerInnen

Was LiegenschaftsbesitzerInnen wissen sollten.

„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“, so lautet eine Stelle aus Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“. Fest steht: Nachbarschaftskonflikte gehören zu den schwierigsten im Umgang miteinander. Gerade das Baurecht wird hier gelegentlich zum Problem, vor allem, wenn sich jemand seiner Aussicht beraubt sieht oder das Gefühl hat, dass seine Lebensqualität beeinträchtigt wird. 


 

Grundsätzliches

Mit dem Erwerb eines Grundstückes geht die Befugnis einher, mit diesem und den darauf befindlichen Sachen nach eigener Willkür zu handeln und andere von der Nutzung auszuschließen. Die österreichische Rechtsordnung legt den GrundstücksbesitzerInnen jedoch auch einige Pflichten auf, durch die vermieden werden soll, dass eine schrankenlose Ausübung des Eigentumsrechtes die Rechte anderer beeinträchtigt.


 

Rücksichtnahmegebot

Wussten Sie, dass es seit 2004 ein Rücksichtnahmegebot gibt? Es besagt, dass die EigentümerInnen benachbarter Grundstücke aufeinander Rücksicht nehmen müssen.

 

  • Daher sind Beeinträchtigungen von Grundstücken in der Nachbarschaft, wie beispielsweise durch Rauch, Wärme, Abwässer, Gerüche oder Geräusche, Erschütterungen aber auch Ungeziefer zu vermeiden, sofern diese das ortsübliche Ausmaß überschreiten. Der Nachbar/die Nachbarin kann bei Überschreitungen dagegen vorgehen.
     
  • Außerdem darf von einem Haus keine Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgehen; dies betrifft vor allem den Winterdienst oder Dachlawinen.

 

Schneeräumen als Pflicht von GrundstückseigentümerInnen


 

Diese Pflichten gilt es einzuhalten

  1. Abgrenzung zum Nachbargrundstück
    Als HauseigentümerIn ist man verpflichtet, auf der rechten Seite des Haupteinganges eine Abgrenzung zu errichten (§858 ABGB). Diese kann ein Zaun, eine Hecke, eine Mauer usw. sein. Die Kosten dafür müssen selbst getragen werden. Wenn eine Abgrenzung genau an der Grundstücksgrenze steht, dann darf jeder Eigentümer/jede Eigentümerin diese genau bis zur Hälfte benützen. Die Kosten für die Erhaltung sind von beiden gemeinsam zu tragen.
     
  2. Bäume und Pflanzen
    Wachsen Äste oder Wurzeln über die Grundstücksgrenze auf eine angrenzende Liegenschaft, dürfen die betroffenen GrundstückseigentümerInnen Wurzeln aus ihrem Boden entfernen und die überhängenden Äste abschneiden, etwaige Früchte dürfen geerntet werden. Beim Abschneiden muss dabei allerdings fachgerecht vorgegangen und die Pflanze möglichst geschont werden.

    Der/Die durch überwachsende Äste oder Wurzeln betroffene GrundstückseigentümerIn darf das Nachbargrundstück ohne Zustimmung des/der anderen nicht betreten, er/sie darf ohne Zustimmung auch keine Leiter an den fremden Baum anlehnen. Abgeschnittene Äste muss er/sie selbst entsorgen und darf sie nicht über die Grundstücksgrenze werfen.

    Grundsätzlich muss der/die durch überwachsende Äste und Wurzeln betroffene GrundstückseigentümerIn die Kosten für die Entfernung tragen. Nur dann, wenn durch diese Äste und Wurzeln bereits ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, muss der/die EigentümerIn der Pflanze die Hälfte der Kosten zahlen.

    Kommt es durch Bäume oder andere Pflanzen auf einem Nachbargrundstück zu einem derartig großen "Entzug von Licht", dass dadurch das ortsübliche Ausmaß überschritten wird und eine unzumutbare Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstückes entsteht, kann der/die betroffene GrundstückseigentümerIn die Entfernung verlangen. Bevor jedoch Klage bei Gericht eingebracht werden kann, muss zwingend eine genau festgelegte außergerichtliche Einigung nachweislich versucht worden sein.
     
  3. Schneeräumung und Dachlawinen
    Im Ortsgebiet müssen LiegenschaftseigentümerInnen zwischen 6.00 und 22.00 Uhr Gehsteige, Gehwege und Stiegenhäuser, die sich innerhalb von 3 m entlang ihrer Liegenschaft befinden, von Schnee räumen und bei Schnee und Glatteis diese auch streuen, wobei diese Verpflichtung durch die Behörde eingeschränkt werden kann. Ist kein Gehsteig vorhanden, muss entlang des Straßenrandes 1 m Breite geräumt und bestreut werden. Von den Schneeräumungs- und Streuverpflichtungen ausgenommen sind die EigentümerInnen von unverbauten, land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften.

    Uneingeschränkt müssen EigentümerInnen von Liegenschaften dafür sorgen, dass Schneewächten und Eisbildungen von den Dächern ihrer an der Straße gelegenen Gebäude entfernt werden. Durch die Schneeräumung und Entfernung von Dachlawinen dürfen andere StraßenbenützerInnen nicht gefährdet oder behindert werden, nötigenfalls müssen die gefährdeten Straßenstellen abgeschrankt oder geeignet gekennzeichnet werden. Wird die Schneeräumung und die Entfernung von Dachlawinen einem Dritten, etwa einem Schneeräumungsunternehmen, übertragen, treffen diesen die genannten Verpflichtungen.

    Bei andauerndem starkem Schneefall darf die Schneeräumung und Bestreuung nur dann entfallen, wenn diese völlig zwecklos und praktisch wirkungslos ist. Von Schneepflügen auf den Gehsteig geschobene Schneehaufen müssen ebenfalls entfernt werden. Die Schneeräumungspflicht umfasst auch den Abtransport der Schneehaufen. Zur Ablagerung des Schnees auf der Straße ist eine Bewilligung erforderlich.
     
  4. Reinigungspflicht für den Gehweg
    Die Gehweg-Reinigungspflicht umfasst nicht nur die Streupflicht und die Verpflichtung zum Schneeräumen, für den Gehweg besteht ganzjährig eine Reinigungspflicht. Er ist immer so zu reinigen, dass keine Sturzgefahr besteht und niemand ausrutschen kann. Das umfasst die Pflicht, Unkraut zu entfernen und Laub möglichst frühzeitig vollständig wegzuräumen. Die Antwort auf die Frage „Wer muss den Gehweg reinigen“ lautet auch hier: Grundsätzlich die Haus- und GrundstücksbesitzerInnen.
     
  5. Grunddienstbarkeiten (Servituten)
    Eine Grunddienstbarkeit (Servitut) dient der besseren Nutzung des Nachbargrundstückes und bedeutet, dass jemand ein teilweises Nutzungsrecht an einer Liegenschaft hat, die einem anderen gehört. Derjenige, dem das Grundstück gehört, ist verpflichtet, etwas zu dulden oder zu unterlassen, nicht jedoch, etwas aktiv zu tun.

    Dienstbarkeiten kommen in der Regel durch Vertrag, sei es entgeltlich oder unentgeltlich, zustande. Es besteht aber auch die Möglichkeit, Dienstbarkeiten durch Testament, Ersitzung oder ein Teilungsurteil zu begründen. Darüber hinaus gibt es aber auch eine Vielzahl an gesetzlichen Servituten, wie etwa für Rohrleitungen oder Starkstromleitungen. Vielfältig und fast unbegrenzt sind die Möglichkeiten, welche Nutzungsrechte der/die EigentümerIn eines Grundstückes einem anderen überlässt.

    Das Entscheidende ist allerdings, dass diese Dienstbarkeiten mit dem Eigentum selbst untrennbar verbunden sind. Das bedeutet, dass sie grundsätzlich bei Wechsel der EigentümerInnen sowohl des "herrschenden" als auch des "dienenden" Grundstückes weiterhin bestehen bleiben. Diese Wirkung Dritten gegenüber erhält eine Dienstbarkeit jedoch erst dann und nur dann, wenn sie ins Grundbuch eingetragen ist. Eine Ausnahme davon sind offenkundige Dienstbarkeiten, die auch dann gegen Dritte wirken, wenn sie nicht ins Grundbuch eingetragen sind. Offenkundige Dienstbarkeiten entstehen mit dem Ablauf der Ersitzungszeit für Liegenschaften, also nach 30 Jahren.

    Grunddienstbarkeiten können sog. Felddienstbarkeiten oder Gebäudedienstbarkeiten sein. Felddienstbarkeiten sind etwa das Wegerecht, das zum Überqueren eines fremden Grundes berechtigt. Gebäudedienstbarkeiten sind etwa das Recht, den Rauch durch den Kamin des Nachbarn auszublasen.

    Dienstbarkeiten müssen möglichst schonend und einschränkend ausgeübt werden, eine eigenmächtige Erweiterung ist nicht zulässig. Dabei liegt eine unzulässige Erweiterung etwa dann vor, wenn die Belastung für das "dienende" Grundstück erheblich vergrößert wird. Die Instandhaltung muss durch den Berechtigten/die Berechtigte erfolgen, bei gemeinsamer Benützung mit dem Eigentümer/der Eigentümerin des Grundstückes muss sich dieser/diese an den Kosten beteiligen.

    Ist eine Dienstbarkeit einmal ins Grundbuch eingetragen, kann sie nicht ohne weiteres wieder aufgelöst werden, etwa durch Kündigung. Eine Dienstbarkeit erlischt, wenn das "dienende" oder das "herrschende" Grundstück untergeht, wenn die beiden miteinander vereinigt werden oder durch Zeitablauf.


 

Was passiert, wenn die Pflichten vernachlässigt werden?

Sollten Sie Ihren Pflichten als HauseigentümerIn nicht nachkommen, so müssen Sie, je nach Versäumnis, unterschiedliche Folgen in Kauf nehmen:

 

Bei einer Verletzung der Räum- und Streupflicht müssen Sie mit einer Verwaltungsstrafe rechnen. Sollte jedoch aufgrund Ihrer Nachlässigkeit ein Passant/eine Passantin schnee- oder glatteisbedingt stürzen, so könnte die betroffene Person eine Schadenersatzforderung gegen Sie stellen. Zudem kann dies eine strafrechtliche Verurteilung wegen Körperverletzung nach sich ziehen. Sie sollten außerdem bedenken, dass Sie, falls Sie die Winterdienst-Tätigkeiten an eine andere (untüchtige oder ungeeignete) Person übertragen, auch für deren Verschulden haften.

 

Sollte Ihr Nachbar/Ihre Nachbarin befinden, dass sich Ihr Pflanzenwuchs negativ auf seine/ihre Sicht- und Lichtverhältnisse auswirkt, so könnte er/sie die Entfernung mittels eines Unterlassungsanspruchs verlangen. Er/Sie darf die Klage jedoch erst dann bei Gericht einbringen, wenn eine vorhergehende außergerichtliche Einigung nachweislich versucht worden und gescheitert ist.

 

Dieser Artikel wurde am 13. September 2021 erstellt.

Fotoquelle: Shutterstock

Verwendete Quelle u.a.

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