27.07.2023 ‐ Finanzmarkt aktuell

Dunkle Zeiten im Land der aufgehenden Sonne?

China – in den letzten Jahren am aufsteigenden Ast und kurz davor, die USA als größte Wirtschaftsmacht der Welt abzulösen – so zumindest die Meinung vieler Ökonomen. In den letzten Monaten hat sich das Stimmungsbild jedoch gewandelt.

Dem asiatischen Giganten machen die zuletzt gestiegene Arbeitslosigkeit, der angeschlagene Immobilienmarkt, der schwächelnde heimische Konsum sowie eine Exportflaute aufgrund einer eingebrochenen Nachfrage aus dem Ausland schwer zu schaffen.

 

Insbesondere seit den 80er und 90er Jahren fungierte Chinas Wirtschaftsmodell in erster Linie als verlängerte „Werkstätte“ des Westens für eine kostengünstige Produktion von Exportgütern. Unternehmen aus den USA sowie aus Europa begannen, Produktionsstätten und Tochtergesellschaften anzusiedeln. Mit der Zeit erkannten beispielsweise deutsche Autohersteller auch das Potenzial des gigantischen Binnenmarktes als Absatzchance. Spätestens seit den 2000ern strebt China jedoch nach größerer Autonomie, beheimatet selbst international konkurrenzfähige Unternehmen wie Huawei und liefert zunehmend auch technologische Innovationen.

 

Die Entwicklungen der vergangenen Monate haben jedoch deutliche Spuren hinterlassen. Chinas Wirtschaftswachstum hat in Quartal 1 2023 im Vergleich zum vergangenen Quartal gerade einmal um 0,8 Prozent zugenommen, was einer Jahresrate von gut 3 Prozent entsprechen würde. Im Vorjahr lag das Plus noch bei 6,3 Prozent zu 2021 – und das trotz eines monatelangen Lockdowns von Metropolen wie Schanghai. Die chinesischen Exporte, die einen großen Anteil an der Wirtschaftskraft haben, fielen im Juni sogar um 12,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die angeschlagene konjunkturelle Lage in den Hauptabsatzmärkten USA und Europa, die als Ursache für die eingebrochenen Exporte Chinas gilt, dürfte sich in absehbarer Zeit nicht wesentlich verbessern. Eine Rezession wird immer wahrscheinlicher, Deflationsängste und die Sorgen der Bevölkerung nehmen kontinuierlich zu. Denn im Gegensatz zu den weiterhin hohen Inflationswerten in zahlreichen europäischen Staaten (z. B. Österreich 8 %) wird in China für das zweite Halbjahr „nur“ eine Teuerungsrate von 1 Prozent erwartet. Die Ursachen hierfür liegen vor allem an der geringen Energiepreisinflation, die u. a. aufgrund langfristiger Lieferabkommen mit Russland einen günstigen Erwerb von russischem Öl ermöglichen. Daneben haben auch massive Covid-Beschränkungen aus dem vergangenen Jahr das Wirtschaftswachstum deutlich gebremst und in der Folge eine übermäßige Verbraucherteuerung wie in Europa oder den USA verhindert. Trotz angeschlagener Konjunkturlage wurde von Seiten der Notenbank der einjährige Referenzzinssatz bei 3,55 % belassen.

 

Entwicklung EUR/CNY
 
Auch der chinesische Yuan hat unter den Entwicklungen der letzten Monate stark gelitten. So musste die Währung gegenüber dem US-Dollar um 5% abwerten – gegen den Euro sogar um 9%, sodass EUR/CNY zwischenzeitlich bei Kursen über 8,0000 lag. Das voraussichtliche Ende der Zinserhöhungen der Fed und EZB (im Sommer bzw. Herbst) dürfte dem Yuan jedoch wieder etwas Luft zum Atmen geben. So sind zu Jahresende auch wieder EUR/CNY Niveaus unter 7,70 und USD/CNY Kurse unter 7,00 denkbar. Sofern geplante Konjunkturmaßnahmen Chinas auch wieder das Wachstum beleben, sind auch EUR/CNY Kurse um 7,50 möglich.

 


Autor:

Mag. Fatih Topkaya

Treasury und Handel, Oberbank AG


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