EU-Lieferkettengesetz für nachhaltiges Wirtschaften

Die Europäische Kommission plant ein Gesetz, mit dem Unternehmen künftig in Sachen Nachhaltigkeit in die Pflicht genommen werden sollen. Durch das Lieferkettengesetz muss künftig der Nachhaltigkeits‐Footprint nachgewiesen werden, andernfalls drohen wirtschaftliche Nachteile.


Ob bei Elektrogeräten wie Handys und Laptops, Lebensmitteln, Bekleidung oder Fahrrädern – Österreichs HerstellerInnen und HändlerInnen kaufen Produkte häufig von Betrieben, die ihrerseits als EinkäuferInnen und ImporteurInnen fungieren. Rechtlich gesehen sind Supermärkte, ProduzentInnen oder sonstige Unternehmen nicht verantwortlich, falls Regeln in weit entfernten Weltgegenden gebrochen werden.

 

Das soll sich jetzt ändern

Konkret sieht der Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission vor, vor allem große Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen und einem Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro dazu zu verpflichten, ihre Lieferketten in Bezug auf Sklaven- oder Kinderarbeit und Umweltstandards genauer zu kontrollieren.

Für Firmen, die in Branchen mit einem höheren Risiko für Ausbeutung aktiv sind – dazu zählen etwa Bergbau, Textilindustrie und Landwirtschaft – gelten Grenzwerte von mindestens 250 Angestellten und 40 Millionen Euro Umsatz. Die Maßstäbe für Risikobranchen sollen jedoch erst zwei Jahre später in Kraft treten.
Auch Firmen, die ihren Sitz zwar nicht in Europa haben, dort aber wirtschaftlich tätig sind, sind betroffen. Dadurch soll ein Wettbewerbsnachteil europäischer Unternehmen vermieden werden. Für Firmen aus Drittstaaten gelten nur die Umsatzgrenzen als Schwelle, der Umsatz muss jedoch in der EU und nicht weltweit erzielt werden.

 

 

Die Messbarkeit von nachhaltigem Handeln schafft Transparenz für eine ökologische und soziale Nachhaltigkeit.

Die betroffenen Unternehmen werden zu einem mehrstufigen Sorgfaltspflichtenprozess verpflichtet. Sie müssen den Plänen zufolge ermitteln, ob sich ihre Geschäfte nachteilig auf Menschenrechte und Umwelt auswirken, Verstößen vorbeugen oder verhindern und falls erforderlich abstellen. Können die nachteiligen Auswirkungen nicht gänzlich beseitigt werden, so ist das Ausmaß der Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.


Weiters sollen sie dazu verpflichtet werden, sicherzustellen, dass das Geschäftsmodell und die Strategie auf die Begrenzung der globalen Erderwärmung von maximal 1,5 Grad ausgerichtet sind. Zudem muss ein für alle betroffenen Stakeholder zugänglicher Beschwerdemechanismus eingerichtet werden.

 

Neuer Due Diligence Prozess entlang der Lieferkette der betroffenen Unternehmen

Betroffene Unternehmen sollen sowohl in ihren eigenen Tätigkeiten als auch in jenen ihrer Zulieferbetriebe, mit GeschäftspartnerInnen sowie in anderen etablierten Geschäftsbeziehungen bzw. Töchter darauf achten, potenzielle und tatsächliche negative Auswirkungen auf Menschenrechte und die Umwelt zu erkennen, zu vermeiden, ggf. zu beseitigen oder abzumildern. In der Konsequenz werden KMU, Tochterunternehmen und andere GeschäftspartnerInnen in der Lieferkette eines betroffenen Unternehmens durch deren weitreichenden Sorgfaltsprüfungen indirekt von der neuen Regulierung betroffen.

 

Geldstrafen und Klagen möglich

Der Entwurf sieht auch Sanktionen vor, wobei diese von den Mitgliedsstaaten selbst festgelegt werden sollen. Werden finanzielle Sanktionen verhängt, so richten sich diese nach dem Umsatz des Unternehmens. Zudem wird es Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen in engem Rahmen ermöglicht, den Zivilrechtsweg zu beschreiten und Schadenersatz zu fordern.


Die wesentliche Herausforderung, der sich betroffene Unternehmen stellen müssen, ist also der Aufbau rechtssicherer Lieferketten.

 

Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre Zeit für Umsetzung

Auf europäischer Ebene möchte die Kommission ein europäisches Netz von Aufsichtsbehörden einrichten, in dem nationale Vertreter zusammenkommen, um ein koordiniertes Vorgehen zu gewährleisten. Der Vorschlag wird in einem nächsten Schritt von dem Europäischen Parlament und dem Rat verhandelt. Kommt es zu einer Einigung, haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen und der Kommission die entsprechenden Texte zu übermitteln.

 

Was können UnternehmerInnen nun tun?

Günther Reifer, CEO des terra institute und Experte an der LIMAK Austrian Business School in den Bereichen Nachhaltigkeit und Circular Economy: „Da es keinen "One-Process-fits-all" gibt, sind Unternehmen nun gut beraten, wenn sie zunächst ihre Betroffenheit prüfen, Bewusstsein für die Thematik schaffen und den Status Quo im eigenen Unternehmen analysieren.

 

Dazu sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Grundlagenverständnis für die Zusammenhänge der eigenen Tätigkeiten mit Menschenrechten und der Lieferkette entwickeln
  • Lieferketten so genau wie möglich abbilden und Informationen über VertragspartnerInnen einholen
  • Risikoanalysen durchführen
  • Zuständigkeiten, Prioritäten und Maßnahmen ableiten
  • Prozesse implementieren und dokumentieren

Solange das EU-Lieferkettengesetz noch nicht in Kraft ist, bleibt Unternehmen jetzt Zeit sich gut aufzustellen, eine interne Infrastruktur vorzubereiten und die weiteren Entwicklungen zu verfolgen.“

Bitte beachten Sie: Das Lieferkettengesetz betrifft im ersten Schritt vorrangig Corporates. Sollten Sie aber Teil der Lieferkette eines Corporates sein, wird es auch schnell bei Ihnen zum Thema und kann Sie von dieser Seite treffen!

 

Quelle: Proposal of the European Commission for a DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937 (23.2.2022)

 

Verwendete Links u.a.
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220223_OTS0155/wkoe-kopf-unternehmen-benoetigen-eu-lieferkettengesetz-mit-augenmass
https://www.derstandard.de/story/2000133605883/eu-kommission-erntet-fuer-lieferkettengesetz-viel-kritik

 

Dieser Artikel wurde am 06.05.2022 erstellt.

Fotoquelle: Shutterstock

 

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Günther Reifer

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